Alban Stolz 1808 - 1883
Die drei Opfergaben
Ich weiß nicht, warum mir der heilige Dreikönigstag so absonderlich
jedes Mal gefallen will. Es ist, wie wenn dieses ein Tag wäre, welcher
unter den andern Tagen im Jahr, wie der Morgenstern unter dem Haufen der andern
Sterne, feuriger und holdseliger leuchtet. Und wenn einer fromm ist und sich
besinnt, so fallen ihm am heiligen Dreikönigstage auch besonders liebliche
Gedanken ein, gleichsam als wenn sie an diesem Tage ein großes Gastmahl
für die heiligen drei Könige im Himmel hielten, und da fielen
Bröselein herunter und fielen in den Kopf und in das Herz frommer Christen
hinein und sahen da aus wie schöne Gedanken und Anmutungen.
Wir wollen sehen, ob wir nicht auch eines auffangen:
Zuerst wollen wir das Kästlein aufmachen, was der erste König mit dem
Bart in der Hand hält. Es ist Gold darin. Hast du auch Gold? Vielleicht so
ein altes Stück in einem Papierlein eingewickelt? Und wenn du jetzt kein
namhaftes Stück Geld hast, so werden schon wieder Zeiten kommen, wo du
etwas kriegst. - Was ist jetzt, wenn du zu Lebzeiten der heiligen drei
Könige gelebt hättest und hättest gewusst, was das Kind in dem
Städtlein Bethlehem, das Kind der armen Jungfrau, was es für ein Kind
sei - was ist, hättest du dein Herz verschlossen gegen das arme
königliche, göttliche Kind? Hättest du ihm nicht auch gern dein
Goldstück geopfert und hättest dir noch eine Freud und Ehre daraus
gemacht? Ja, wenn du auch sonst zäh bist und lieber nimmst als gibst, so
hättest du vielleicht doch in den Sack gelangt und hättest das
vornehmste Geldstück hergegeben. Du hättest gedacht: es ist gescheit,
wenn ich dem Kind ein rechtschaffenes Geschenk mache, es wird ganz gewiss
einmal mir tausendfach vergelten, was ich ihm jetzt in seiner Armut gebe, wenn
es einmal groß ist und ein Herr und ein König! - So hättest du
gedacht. - Und mancher denkt: Ja, da gäb ich viel darum, wenn ich das arme
Jesuskind selber gesehen hätte und hätte ihm etwas schenken
dürfen; ich wollte ja gern nichts dafür, wenn es etwas von mir
angenommen hätte; das tät mir mein Lebtag lang die größte
Freude machen! - Nun halt einmal, ist es wahr, macht es dir so große
Freude? und wünschtest du so sehr, dem Jesuskinde etwas zu schenken? Ist
das gewiss wahr? Wenn es so ist, so weiß ich etwas für dich. Denk
nur, ich weiß einen Ort, wo man das Jesuskind noch antreffen kann, und wo
es noch so arm ist; es ist nicht weit. Sieh, der Herr hat gesagt: "Was ihr
dem Geringsten meiner Brüder tut, das tut ihr mir; und wer ein Kind in
meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf!" - Wenn du daher einem armen
Kranken einen Groschen schenkst, so ist das, wie wenn du ihn Jesus in seiner
Armut geschenkt hättest. Und wenn du ein Schuhmacher bist und einem armen
Kind, das bei der Kälte barfuss läuft, ein Paar Schühlein machst
umsonst, so ist das gerade soviel, als wenn du dem barfüßigen Kind
Jesus ein Paar Schuhe geschenkt hättest. Und es ist auch in allen andern
Dingen ebenfalls so, was man Jesus wegen den Armen gibt und tut. Und ist es
nicht einmal wahr, dass es gerade so ist, wie wenn man es Jesus getan
hätte; es ist noch besser. Denn es hat noch ganz besonders deshalb einen
guten Geruch, weil man Jesus so aufs Wort geglaubt hat und auf seine Anweisung
hin, die er vor achtzehnhundert Jahr im Gelobten Land gegeben hat, heute noch
einem Armen ein Stück Geld schenkt. - Vergiss nicht, dass du am heiligen
Dreikönigstag dich etwas kosten lassest und machest, wie sie es gemacht
haben, und dem armen Kind Jesus Gold oder Silber oder sonst Geldeswert opferst!
-
Was hat denn der andere heilige Dreikönig in dem Ding drin, das so raucht?
Es soll Weihrauch bedeuten; du tätest es von weitem schon riechen, wenn
der Bildermacher auch den guten Geruch abbilden könnte. - Weihrauch aber
opfert man nur Gott. Die heiligen drei Könige müssen sonach gemerkt
und geglaubt haben, dass in dem Kind etwas Göttliches sei; das haben sie
auch schon dem Stern ansehen können. Denn wegen eines gemeinen
Menschenkindes wird kein besonderer Stern am Himmel aufgezündet. Und doch,
wo sie in das Städtlein kommen und das Häuslein sehen und in die
Stube hineintreten und die Mutter und das Kind antreffen, so sieht auch da
alles gar zu armselig aus; und man muss sich schier verwundern, dass diese
Männer nicht zweifelhaft geworden sind in ihrem Kopf und nicht zueinander
gesagt haben: "Wir müssen irre gegangen sein, das wird das rechte
Kind und das rechte Haus nicht sein!" - Sie haben sich nicht scheu machen
lassen von dem Auswenigen und haben treu und fromm das Kind angebetet und ihm
Weihrauch geopfert; und das ist gerade besonders schön an diesen edlen
Männern gewesen, dass ihr Glaube nicht schwächlich am Außenwerk
erst sich heben und halten hat müssen, sondern frei und stark weiter sah,
als die Augen des Leibes sahen. Sie sahen im armen Kinde den König und
ewigen Gott. - Sieh nun, du Christ! diese edle Glaubenstat kannst du auch
täglich üben. Erschien Christus den drei Weisen als ein geringes
Kind, so erscheint er dir als eine geringe Hostie in der heiligen Messe oder
Monstranz. Glaube und schaue und bete auch du an, wie es die drei Weisen getan
haben, so treu und fromm und innig, und du wirst ihn dann auch schauen
ewiglich.
Der dritte hat auch so ein Gefäß wie der zweite; es ist aber etwas
anderes drin; es sei Myrrhen gewesen, sagt die Schrift; das ist so eine
kostbare Spezerei, wie sie in den heißen Ländern wächst; man
braucht sie, um vornehme Tote einzubalsamieren. Ich wollt aber darauf wetten,
der dritte hat selbst nicht recht gewusst, warum er gerade Myrrhen geopfert
hat. Aber Gott hat es gewusst und es ihm eingegeben. Es war eine schöne
Zeremonie, die der Weise geübt hat, ohne zu wissen, was es bedeutet.
Hintennach wissen wir Christen es. Es soll bedeuten, dass das arme Kind einem
bittern Tod geweiht sei. -
Mach dir jetzt selber noch vollends deine Gedanken, und gib acht, ob dir nicht
auch noch einige Gedankenbröselein einfallen; wirf sie nicht weg; sie
kommen vielleicht von oben, und tu danach; - vergiss mir aber auch das Opfer
nicht an Gold oder Silber für das arme Kind Jesus Christus! -
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